Hausaufgaben – Belastung der Familie? Sinnvolle Ergänzung zum Unterricht?

Hausaufgaben sind ein Reizthema in vielen Familien

Das Schuljahr 2019/20 hat inzwischen in allen Bundesländern Fahrt aufgenommen. Zum Schulalltag gehören fast überall Hausaufgaben. Das erscheint ganz selbstverständlich. Aber wie sinnvoll sind Hausaufgaben eigentlich? Und wie werden sie bewältigt? Wie ergeht es Familien von Kindern mit Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten oder Rechenschwäche mit den täglichen Zusatzarbeiten?

Eigentlich regeln die Schulgesetze bzw. Schulordnungen, in welchem Umfang Hausaufgaben zulässig sind – z. B. sollen Sonn- und Feiertage sowie Schulferien grundsätzlich hausaufgabenfrei sein. Letztlich aber arbeiten und lernen Kinder sehr unterschiedlich. Während die einen ein bestimmtes Maß an Hausaufgaben als leicht empfinden, sind andere durch dieselbe Menge an Hausaufgaben stark belastet, weil sie viel länger dafür brauchen oder Unterstützung benötigen.

Hausaufgaben, Lernschwierigkeiten und familiäre Belastungen – die HaLFa-Studie

Dr. Anja Berding, Dr. Lorenz Huck von den Duden Instituten für Lerntherapie haben in einer Studie mehr als 200 Eltern von Kindern mit LRS oder Rechenschwäche zu diesem Thema befragt. Es zeigte sich, dass 64 % der Eltern sich durch die Hausaufgabensituation stark oder sehr stark belastet fühlen.

Kinder, die sich mit dem Lesen und Schreiben oder dem Rechnen besonders schwer tun, brauchen natürlich für Hausaufgaben, die diese Lernbereiche betreffen, entsprechend länger als andere Kinder. Häufig haben sie zusätzlich einen hohen Unterstützungsbedarf. D.h. Vater oder Mutter werden für die Hausaufgaben gebraucht und sind dadurch zeitlich gebunden.

Durch diese Belastung kommt es in vielen Familien zu Spannungen. Eltern stehen unter Druck, weil sie ihr Kind ja bestmöglich unterstützen möchten. Kinder verweigern oder boykottieren das Erledigen der Hausaufgaben, wenn sie wiederholt die Erfahrung machen, dass sie extrem lange dafür brauchen oder die Aufgaben einfach nicht schaffen. Konflikte rund um die Hausaufgabensituation vergiften das Familienklima.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage:

Wie kann die Hausaufgabensituation bei LRS oder Rechenschwierigkeiten entspannt werden?

In einem Seminar hat Lorenz Huck mit den Teilnehmer*innen folgende Anregungen für die einzelnen Beteiligten erarbeitet (Artikel „Immer Ärger mit den Hausaufgaben“ s.u.):

„Eltern können in Absprache mit der Schule Hausaufgabenzeiten begrenzen oder eigene Ansprüche, z. B. „Alle Hausaufgaben müssen richtig sein!“, hinterfragen. Lerntherapeut*innen können Eltern und Lehrkräfte zur Hausaufgabensituation beraten und gleichzeitig das Kind stärken. Kinder können (mit Unterstützung) lernen, ihren Arbeitsplatz und Arbeitszeiten zu organisieren. Lehrkräfte können Menge und Niveau der Hausaufgaben differenzieren und sich mit Kollegen und Kolleginnen abstimmen (…).“

Letztlich kann man aber auch viel grundsätzlicher fragen:

Sind Hausaufgaben wirklich sinnvoll? Und wenn ja, welche Art von Aufgaben?

Was sollen Hausaufgaben bewirken? In der bayerischen Schulordnung steht dazu z.B.: „Um den Lehrstoff einzuüben und die Schülerinnen und Schüler zu eigener Tätigkeit anzuregen, werden Hausaufgaben gestellt, die bei durchschnittlichem Leistungsvermögen in angemessener Zeit … bearbeitet werden können.“

Zahlreiche Studien legen allerdings nahe, dass Hausaufgaben nicht automatisch zum Lernfortschritt beitragen. Oft werden sie ganz am Ende der Stunde in aller Eile gestellt und eben nicht auf den Lernstand der Kinder abgestimmt. Gute Möglichkeiten wären hier nach Prof. Dr. Britta Kohler und Eberhard Karls von der Universität Tübingen (Artikel „Gibt es gute Hausaufgaben“ s.u.):

(…) wenige verpflichtende und zusätzlich freiwillige Aufgaben stellen; den Lernenden gestatten, die Menge der Aufgaben selbst zu bestimmen; eine minimale und/oder eine maximale häusliche Arbeitszeit benennen und die Zahl der Aufgaben oder ihren Umfang freistellen. (…) leistungsstarken Lernenden interessante Aufgaben jenseits des Curriculums anbieten; leistungsstarke Schülerinnen und Schüler mit schwächeren Lernenden üben lassen; (…)“

Was in Diskussionen um Hausaufgaben oft nicht vorkommt: Es gibt viele Eltern, die gar nicht dazu in der Lage sind, ihre Kinder schulisch zu unterstützen, da sie selbst die Aufgaben nicht beherrschen. Bei über 6 Millionen funktionalen Analphabet*innen in Deutschland sollte man auch darüber nachdenken …

 

Artikel rund um die HaLFa-Studie und das Thema Hausaufgaben:

HaLFa-Studie
HaLFa-Studie – 5 Fragen an Autorin und Autor
Ergebnisse der HaLFa-Studie als pdf-Datei (26 Seiten)
Immer Ärger mit den Hausaufgaben?
Gibt es gute Hausaufgaben?

 

Bildquellen:

school boy © fotolia / Natallia Vintsik

Sad lonely child © fotolia / TuTheLens

Lehrerin mit Schülern © fotolia / contrastwerkstatt

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